Familie von Rumohr
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Rumohren Tid
 

Über die sehr alte und lange Familiengeschichte, die in enger Verbundenheit mit dem Land Schleswig-Holstein als auch die Rumohren Tid (Zeit) in vielen Zeugnissen wiederzufinden ist, soll hier nur in Form eines kleinen Auszuges berichtet werden. Es ist ein Puzzle von Biographien aus acht Jahrhunderten, das nicht nur die Geschichte der Familie, sondern auch schleswig-holsteinische Landes- und Sozialgeschichte in der Vollendung des Gesamtbildes widerspiegelt.
 
Das zu den ältesten holsteinischen Rittergeschlechtern, den sogenannten Originarii (ursprünglichen) gehörende Geschlecht Rumohr, dessen Stammsitz das Dorf Rumohr südwestlich von Kiel ist, ist stamm- und wappenverwandt mit den Familien Ahlefeldt, Bosendal und Rastorp.
Deren Ursprung ist vermutlich noch vor der Besiedlung des damaligen Landes Holstein durch die schauenburger Grafen aus dem mittleren Wesergebiet und ihrem Gefolge im Jahre 1111 anzusiedeln.
Der gemeinsame Stammvater der noch bestehenden Geschlechter Ahlefeldt und Rumohr und der ausgestorbenen Bosendal und Rastorp ist sicher nicht, wie 1937 vom großen dänischen Genealogen Luis Bobé behauptet, aus Süddeutschland mit den schauenburger Grafen nach Holstein gekommen. Vielmehr liegt der Ursprung bei der schon vor der schauenburger Zeit im Lande beheimateten Familie Perdöl (de prodole). Diese kann vermutlich bis zu Benedictus de Prodole und seinem Bruder Scacco zurückverfolgt werden, die frühestens in Diplomen um 1220 - 21 in Holstein vorkommen und den Namen nach dem jetzigen Gut Perdöl nahe Bornhöved übernommen haben. Dort sind auch Wehrsiedlungsanlagen aus der slawischen Zeit im unmittelbar an das Gut angrenzenden Stolper See zu finden.
Schon der Genealoge der Ahlefeldts G.H. Möller hat im 18. Jahrhundert angenommen, dass dieser Scacco identisch ist mit dem ältesten sicher bekannten rumohrschen Stammvater Scacco de Rumore, der 1245 und 1253 genannt wird.
Während die Ahlefeldts seit Jahrhunderten den Sohn nach dem Vater Benedict nennen, haben die Rumohrs aus gleichen Grund an dem Namen Schack festgehalten, jedoch nach der heutigen konsequenten Namensmethode, wechselnd vom Großvater zum Enkel mit Schack (1245/53) - Benedict (1283/89) - Schack (1308) - Benedict - Schack (1351) - Benedict (1408) usw.
Über die Wappengemeinschaft und die Namensmotive hinaus kann die Stammesfreundschaft auch durch die topographischen Verhältnisse nachgewiesen werden. Innerhalb der alten Grenzen des Nortorfer Kirchspiels liegen außer Rumohr noch zwei andere Dörfer Blumental und Sören. Noch im Jahre 1394 besaß Schack Rumohr einen Hof in Sören und 1437 verkaufte Benedict Rumohr sein ganzes Eigentum im gleichen Dorf. Der Stammhof Rumohr ist früher oder später in ahlefeldtschen Besitz übergegangen, denn 1469 übergibt Gosche Ahlefeldt das Dorf Rumohr und anderes Eigentum in Blumental. Als erster Landbesitzer in Blumental kam 1270 Benedictus de Norce (vom späteren Gut Nordsee) vor und 1339 besaßen Marquard Rumohr und sein Sohn Johann mehrere "Boel" (Böden/Flächen) im gleichen Dorf. Vieles spricht deshalb dafür, dass die Brüder Benedict und Schack aus Perdöl die Stammväter der Geschlechter Ahlefeldt und Rumohr sind.
Ein merkwürdiger Tatbestand der starken und bleibenden Zusammengehörigkeit mit den verwandten Ahlefeldts ist auch die auffallend häufige Einheirat der zwei Familien (im Ganzen nachweislich 26-mal). Kaum eine der anderen ritterschaftlichen Familien finden ihren Ursprung in einer der damals stammesführenden Familien wie den Perdöls. Sie war neben den Buchwaldts, Qualen, Pogwisch und v.d. Wisch schon vor dem Grafen Adolf I. von Schauenburg in Holstein zu Hause. Von den vielen anderen ritterschaftlichen Familien gibt es Nachricht, dass sie erst im Gefolge der Schauenburger nach Holstein und später sogar nach Schleswig über die Eider kamen.
Eine weitere These belegt dies offensichtlich. Die häufigsten Vornamen der ältesten Namensträger der Familie Rumohr sind Schack, Benedikt, Heinrich, Otto und Marquard. All diese Namen, ausgenommen Benedikt, der häufiger bei den Ahlefeldts erscheint, finden wir zeitgleich auch bei den Familienmitgliedern der Amoniden, einem vor den schauenburger Grafen neben dem Verband der Imiconen alteingesessenen Geschlecht, das mit seinen Mitgliedern das Amt der Overboden im damaligen Holstengau mit Hauptsitz in Bornhöved zu dem auch der Flecken Rumohr zählte, erblich bekleidete. Es liegt also nahe, dass zwischen dem ahlefeldt- und rumohrschen Familienverband und den Amonidenverband eine dienstliche wenn nicht sogar familiäre Verbindung bestand.
Auch scheint der Einfluss der Rumohrs einen damals schon gewichtigen Stand gehabt zu haben. In der Überlassungsurkunde des Overboden Gerhard II. und der Brüder von Enenthorpe sowie dem Kloster Neumünster aus dem Jahr 1245 bezeugt erstmalig namentlich erwähnt ein "Scacco de Rumore, milis" von sechszehn Rittern (militis) und Knappen (famuli) bereits an vierter Stelle. Von diesem lässt sich für einen Zeitraum von knapp zweihundert Jahren nur eine angenommene Stammreihe aus zahlreichen in verschiedenen Urkunden erwähnten Namensträgern ableiten. Die sichere Stammfolge beginnt schließlich mit Henneke Rumohr im Jahr 1449.
Das im Geschlecht Rumohr unbestreitbar herrschende Heimatgefühl und die Erdverbundenheit ist durch die Jahrhunderte mit zielbewusster Arbeit, die Stammgüter aufrecht zu erhalten und zu bewahren, verbunden gewesen. In der Gegend um Kappeln an der Schlei ist die Familie schon seit 500 Jahre beheimatet, wie es aus Lüder Rumohrs, dem Bruder des oben genannten Henneke Rumohr Aussage von 1482 hervorgeht : "..., dass seine Vorväter vor ihm im Besitz des gegenüber Kappeln liegenden Hofes Ellenberg waren".
Heute noch besitzt die Familie die stattlichen Güter Rundhof und Drült (seit 1582 oder schon 1559) bei Kappeln und die Höfe Roest und Toestorf in der gleichen Gegend waren mehr als 300 Jahre in rumohrschen Händen. Aber auch in Norwegen hat sich ein Zweig der Familie vor knapp 400 Jahren niedergelassen. Dort sind am Sognefjord die Stammhäuser Rikheim und Froeningen noch heute im Besitz der Familie.
Ohne das die Familie Rumohr einen ausgesprochenen bedeutungsvollen und hervortretenden Einsatz für die Geschichte ihres Heimatlandes gegeben hat, stellte die Stammreihe der Familie angesehene und pflichttreue Ministralien in vorgeschobener Stellung in den Herzogtümern wie Amtmänner, Landräte und hochstudierte Mitglieder des Obergerichtshofes in Gottorf.
Bereits 1313 wird ein Marquard de Rughemor einem Enkel des Scacco de Rumor (1245) als "consiliarius Waldemar ducis Slesvicensis" - Rat des Herzogs Waldemar von Schleswig genannt. Sein Großenkel Lüder Rumohr (1482) ist gar Rat des Königs Christian I. von Dänemark.
Sein Neffe Schack war einer von vielen holsteiner Rittern, der in der großen Schlacht von Hemmingstedt im Jahr 1500 gegen die Dithmarscher sein Leben lassen musste. Dessen damals zehnjähriger Sohn Henneke († 1569) war der einzige männliche Nachkomme der ganzen Familie. Er und sein unten aufgeführter Sohn Asmus, dem Erbauer des Roester Herrenhauses, wechselten 1548 zum protestantischen Glauben.
Einen Exkurs in die europäische Geschichte unternahmen bereits Asmus Rumohr († 1590), der als Rat an den Hof Kaiser Karls V. nach Brüssel reiste, aber auch Cai von Rumohr († 1714), der in diplomatischen Diensten für Kopenhagen am Dresdner Hof war, sowie sein Neffe, wiederum ein Cai von Rumohr († 1770), der als einer der "untadelhaften adeligen fürstlichen Räte" am holstein-gottorfschen Hofe galt, sowie Mitvormund der herzoglichen Prinzen war. Sein Sohn Henning Bendix von Rumohr († 1777) übernahm als fürstbischöflicher Rat die Regierungsvollmacht im Bistum Eutin unter Herzog Friedrich August von Oldenburg und war in enger Verbundenheit zu Caspar von Saldern ein hoch angesehener Ratgeber um die Frage der gottorf-russischen Angelegenheiten.
Näher verbunden mit dem dänischen Königreich direkt im militärischen und zivilen Etat war Generalmajor Detlev von Rumohr, der 1678 bei Stralsund gefallen ist, sowie die beiden Brüder Hans Adolf († 1810), dem Bauherrn der heutigen Kirche in Kappeln, und Vizeadmiral Detlev-Christian von Rumohr († 1808), der für seine Tüchtigkeit und Rechtschaffenheit geschätzt war. Schließlich sei noch Wulf-Henning von Rumohr († 1862) erwähnt, der mit entschiedenen Einfluss in der Zeit der großen Erhebung von 1848 zur politischen Gestaltung des Landes Schleswig-Holstein beitrug. Im 19. Jahrhundert trug die Familie auch zur bildenden Kunst mit Bernhard Mohrhagen bei, einem nicht legitimen rumohrschen Sohn als bedeutender Maler und Theodor Kjerstrup Rumohr als Historienschriftsteller. In jüngerer Zeit traten hervor Karl von Rumohr († 1967) als Präsident des Bundesverwaltungsamtes sowie Detlef von Rumohr († 1961), der maßgeblich als Brigadegeneral die junge Bundeswehr nach dem zweiten Weltkrieg mit aufbaute. Durch Henning von Rumohr († 1984), dem Verfasser zahlreicher wertvoller landesgeschichtlicher Schriften wurde auch erstmals die Gesamtgenalogie der Familien sachkundig zusammengefasst. Letztlich sei noch Knut Rumohr († 2002), einem der bedeutensten norwegischen bildenden Künstler, hervorgehoben.
Der Mann des Geschlechtes, dessen Name am bekanntesten wurde, ist unbedingt Carl Friedrich von Rumohr († 1843). Eine geistig reich ausgerüstete Persönlichkeit mit einer seltenen Wissensfülle auf den verschiedensten Gebieten: Kunstmäzen, ausübender Künstler und vornehmer Epikureer (Genussmensch) aber hauptsächlich einer der mit seinen denkwürdigen Schriften den Weg zur modernen, kritischen kunstgeschichtlichen Forschung gebahnt hat. Erst in neuester Zeit ist ihm für seine bleibenden Verdienste auf diesem Gebiet durch die Herausgabe monographischer Arbeiten als Verfasser und Neudrucke seiner Schriften sowie Briefausgaben Anerkennung erwiesen worden.
Sein Vater war Henning von Rumohr († 1804), ein tüchtiger und aufgeklärter wohlhabender Kaufmann aus dem Stammhaus Rundhof, der auf seinen Besitzungen als einer der ersten im Lande die Leibeigenschaft aufhob. Sein Wohlstand verhalf Carl Friedrich zu einem unbeschwerten Leben frei von jeglichen finanziellen Sorgen. Die Mutter Wilhelmine († 1807), eine geborene Baronesse von Fersen aus dem Braunschweigischen, war wohl die glückliche Ergänzung mit allerlei künstlerischer Muse dieses Elternpaares.
Carl Friedrich und sein Bruder Henning Heinrich († 1837) hatten keine männliche Nachkommenschaft, so dass genealogisch betrachtet dieser Zweig im Mannesstamm erlosch. Henning von Rumohr, der Vater, hatte eine Reihe von Geschwistern. Sein älterer Bruder Christian-August II. († 1775), der Erbauer des heutigen Herrenhauses auf Rundhof (durch Georg Greggenhofer, 1752), sowie sein Sohn, wiederum ein Christian-August III. († 1798), sind die Stammväter der heute noch lebenden Namensträger.
Sie teilten sich auf in drei Linien, benannt nach den noch im Familienbesitz befindlichen Stammgütern Rundhof und Drült und dem bereits früh abgetretenen Gut Oestergaard. Die noch blühenden zwei norwegischen Linien sind älteren Ursprungs, wobei wir bis heute die genealogische Lücke, also die Abstammung von den Holsteinern, nicht hundertprozentig geschlossen haben.
 
Die Familie verzweigte sich in seiner achthundertjährigen Geschichte über vierundzwanzig Generationen hinweg in zwanzig Linien. Wir haben Nachrichten von knapp fünfhundert gebürtigen Namensträgern. Heute leben über den ganzen Globus verteilt rund neunzig Familienmitglieder. Und auch sehen wir hier wieder die Heimatverbundenheit, denn über die Hälfte davon lebt in unserer alten Heimat Schleswig-Holstein. Die Rumohren Tid geht unaufhaltsam in das einundzwanzigste Jahrhundert über.

 
 
 
 
 
  Weiterführende Links

www.rumohr-gesellschaft.de

 
 
 
 
 
  Literaturhinweis

Vgl. Hans Nicolai Andreas Jensen, Beiträge zur Adelsgeschichte: Die Fam. Rumohr, in: Nordalbingische Studien, 4. Bd, Kiel 1847, S. 289 - 332. - Hermann v. Rumohr, Aus sechs Jahrhunderten. Aus dem Leben einer schleswigschen Adelsfamilie, in: Schleswig-Holsteinisches Jahrbuch 1924, S. 58 ff. - Per Tang, Efterkommere av Adam Hansen Reutz og Karen Munthe Rumohr, Moe gård i Hafslo, in: Tidsskrift nr. 6 for Historielaget Sogn, Bergen 1924, S. 10 ff., - Henning v. Rumohr, Ahlefeldt u. Rumohr, in: Dat se bliven ewich tosamende ungedelt, Neumünster 1960, S. 134 ff. - Wulf-Henning v. Rumohr, 400 Jahre Rumohr auf Rundhof, in: Im Strom der Zeit, Schleswig 1984, S. 9 ff. - Cai v. Rumohr, Rumohren Tid, Rumohr, Beiträge zur Geschichte eines schleswig-holsteinischen Adelsgeschlechts und deren Gesamtgenealogie, Wensin 1997, S. 3 ff. - Boetticher [Walter v. Boetticher], 2. Bd (1913), S. 658 ff. - BTB [Brünner] Genealogisches Tschb. (1879), S. 518 ff. (St u. ÄG) - DAÅ Danmarks Adels Aarbog, Bd LIV (1937), II. S. 99 - 159 ff. (GesamtG); Bd XCIV (1994 - 96), S. 398 ff.; Bd XCV (1997 - 99), S. 397 ff.; Bd XCVI (2000 - 02), S. 276 ff.; Bd XCVII (2003 - 05), S. 330 ff.; Bd XCVIII (2006 - 08), S. 369 ff. - GGT B Goth. adl. Tschb. [Briefadel] (1911), S. 747 - GGT U Goth. adl. Tschb. [Uradel] (1901), S. 769 ff. (St u. ÄG); (1905), S. 710 ff.; (1909), S. 661 ff.; (1914), S. 719 ff.; (1918), S. 746 ff.; (1922), S. 753 ff.; (1926), S. 617 ff.; (1931), S. 440 ff.; (1933), S. 477 ff.; (1939), S. 469 ff. - GHdA Genealogisches Handb. d. Adels, [Adel. Häuser A], Bd VI (1962), S. 429 ff.; Bd XIV (1977), S. 395 ff.; Bd XXV (1998), S. 459 ff.; GHdA Handb. d. Adels [Adels Lexikon], Bd XII (2001), S. 128 ff..